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Samstag, 25. Februar 2017

[Kinderbuch] "Krähe und Bär oder die Sonne scheint für uns alle" von Martin Baltscheit

Der Bär wird um sein faules Leben im Zoo beneidet. Jeden Tag drei Mahlzeiten und satt einschlafen. Dabei wäre er viel lieber frei wie die Krähe. Die bietet ihm die Chance seines Lebens: Sie können ihre Körper tauschen! Schnell muss der Krähenbär feststellen, dass gute Manieren in freier Wildbahn reine Zeitverschwendung sind, und die Bärenkrähe frisst sich nicht nur rund, sondern auch unglücklich. Und so teilen sich die beiden am Ende die Vollpension im Zoo in einer freien Entscheidung. (Text- und Coverrechte: Dressler Verlag)


Zwei unzufriedene Tiere und eine ungewöhnliche Freundschaft - so könnte man das Thema von "Krähe und Bär" in aller Kürze zusammenfassen. Dass das Buch als tiefgründig, überraschend und urkomisch beschrieben wird, war mir vor dem Vorlesen nicht deutlich bewusst. Aber umso besser. Meine zwei Kinder sind mit 7 und 9 Jahren im perfekten Vorlesealter für das Buch. Doch nach den ersten Seiten war ich irritiert und die Kinder ebenso. In mir kam die leise Frage auf, ob das Buch vielleicht nicht ZU tiefgründig oder ZU abgedreht ist? Jetzt sage ich nein, es ist genau richtig! Aber anspruchsvoll ist es schon. Mehr, als man bei der herrlich fröhlich-zufriedenen Illustration auf dem Einband erwarten würde.

Der Bär ist unzufrieden mit seinem Leben im Zoo. Zwar hat er täglich drei sichere Mahlzeiten, aber er ist in einem kleinen Gehege gefangen. Außer schlafen, essen und andauerndes Im-Kreis-Laufen passiert hier nicht viel. Er möchte frei sein. Der Autor bringt die Frustration des Bären so deutlich zum Ausdruck, dass sie einem förmlich aus dem Text entgegenschreit. Lustig und komisch ist das nicht, eher sehr ehrlich und ernüchternd - und auch etwas traurig.
Die Krähe ist frei und kann fliegen wohin sie will, dafür plagt sie andauernder Hunger. Aus anfänglicher Abneigung, seitens des Bären, entwickelt sich eine zaghafte Freundschaft, die beiden ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Am Ende werden aus Feinden echte Freunde, die dankbar für ihr Leben sind und sich die Annehmlichkeiten teilen.

Ich bin der Meinung, dass man der Geschichte etwas Zeit geben sollte. "Krähe und Bär" ist ein Kinderbuch, an das man sich gewöhnen, in das man sich einlesen muss. So schlug die anfängliche Skepsis bei mir und den Kinder in plötzlichen Enthusiasmus um. Die Handlung wurde spannend und tatsächlich überraschend. Die Illustrationen sind perfekt! Besonders mein Sohn war von der Geschichte fasziniert. Einen Anteil daran hatte sicherlich auch die spröde Erzählweise mit ihren Kraftausdrücken, die nicht jedem Vorleser gefallen werden. Der Text gleicht manchmal vom Ausdruck her einem Drehbuch, kann aber mit Bären- und Krähenstimme (farblich hervorgehoben) perfekt vorgelesen werden. Die Wirkung auf die jungen Zuhörern ist klasse. Einige Dinge wird man Kindern eventuell erklären müssen, bzw. könnte sich während des Vorlesens ein Gesprächsbedarf entwickeln.
Am Ende hat die Geschichte sogar noch liebevolle Nuancen und wird zu einem positiven Schluss geführt.

Damaris sagt ...
"Krähe und Bär oder die Sonne scheint für uns alle" ist kein gewöhnliches Kinderbuch. Es ist sogar in jeder Hinsicht ungewöhnlich. Lässt man sich aber auf Erzählstil und Geschichte ein, entwickelt sie sich zu einem spannenden Abenteuer, mit ganz eigenem Humor und mancher Überraschung. Die Geschichte verfehlt ihre Wirkung nicht. Die positive Aussage und der gelungene Schluss haben uns überzeugt. Mutig sein und ausprobieren!


Dressler Verlag 2017 - Hardcover, 112 Seiten - 12,99 € [D] - Illustrationen von Wiebke Rauers - ab 6 Jahren