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Donnerstag, 23. Februar 2017

[Kinderbuch] "Kasimir Karton: Mein Leben als unsichtbarer Freund" von Michelle Cuevas

Manchmal wundert Kasimir sich schon, warum ihn niemand beachtet. Im Sportunterricht wird er nicht als Letzter ins Team gewählt, er wird gar nicht gewählt. Der Busfahrer schließt die Tür vor seiner Nase, und seine Eltern vergessen, ihm bei den Mahlzeiten einen Teller hinzustellen. Nur seine Zwillingsschwester Fleur hält zu ihm. Doch eines Tages macht Kasimir eine schockierende Entdeckung: Er ist unsichtbar! Fleur hat sich ihn ausgedacht! Mit dem Wunsch, ein echter Junge zu werden, begibt sich Kasimir auf eine lange Reise ... (Text- und Coverrechte: FISCHER KJB)


Hatten wir nicht alle schon einmal einen unsichtbaren Freund? Während manche Kinder sich nur zeitweilig vorstellen, einen imaginären Freund oder Freundin zu haben, begleitet dieser Wunschfreund andere durch die phantasievolle Zeit des Kindseins. Ob als Mensch oder Tier, als Märchengestalt oder der reinen Vorstellungskraft entsprungen, ein unsichtbarer Freund bereichert die Kindheit. Ich persönlich kann mich an so manches Zwiegespräch mit einer Wunschfreundin erinnern. Und manchmal höre ich meine eigenen Kinder vor sich hinflüstern, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Wer weiß, vielleicht reden auch sie mit ihrem imaginären Freund? Michelle Cuevas hat diesem Thema in "Kasimir Karton: Mein Leben als unsichtbarer Freund" eine ganz besondere Stimme gegeben.

"Die Wahrheit ist", antwortete sie, "du bist so unsichtbar, wie du dich fühlst, egal ob dich jemand erfunden hat oder nicht."
"Hm", sagte ich, und meine Stimme klang jetzt ganz dünn. "Ich fühle mich wie Luft. Ich fühle mich wie ein Windhauch. Ich fühle mich wie aus Sand gebaut, und die Flut kommt."
- S. 51

Kasimir Karton ist der Zwillingsbruder von Fleur, schon immer, bzw. seit 8 Jahren, solange er sich eben erinnern kann. Manchmal wundert sich Kasimir schon etwas, denn niemand scheint ihn zu mögen, sogar richtiggehend zu ignorieren. Ganz deutlich wird das bei den Klassenkameraden, die ihn im Sportunterricht noch nie ins Team gewählt haben. Auch der Familienhund verhält sich komisch. Er liebt Fleur, bellt Kasimir aber nur an. Und wenn Kasimir ganz ehrlich zu sich ist, verhalten sich auch seine Eltern nicht normal. Sie übergehen ihn einfach, wie immer. Kurz, Kasimir findet heraus, dass er kein echter Junge, sondern ein unsichtbarer Freund, eine Einbildung von Fleur ist. Das wirft ihn völlig aus der Bahn ... und dann nimmt die turbulente Geschichte ihren Lauf.

Im ersten Moment tat mir Kasimir furchtbar leid. Seine Gefühle, als er entdeckt, dass er kein normaler Junge ist, sind so deutlich, dass man sich direkt betroffen fühlt. Die Geschichte besitzt eine große Sensibilität und eine ausdrucksstarke Poesie, die zwischen die Zeilen geschrieben ist. Für manchen 8-jährigen Leser könnte das Buch darum etwas anspruchsvoll sein. Doch Kasimir findet seinen Weg, auf eine total humorvolle und witzige Art und Weise. Die Zeichnungen der Autorin in Buch sind herrlich passend! Obwohl die Geschichte sehr echt wirkt, hat sie eine große, phantasievolle Komponente, die Kinder begeistern wird. Sehr schöpferisch-klug ist auch das Ende. Es gleicht einem Kreislauf, bei dem sich alles zum Richtigen und Guten fügt. Sehr anrührend.

Damaris ...
hat in diesem Buch die Phantasie wiedergefunden, die Kinder besitzen und die Erwachsenen (leider!) mit der Zeit abhanden kommt. "Kasimir Karton: Mein Leben als unsichtbarer Freund" ist die pfiffige und poetische Selbstfindung eines kleine Jungen, der anders ist und trotzdem seinen Weg findet. Der originelle Humor ist das Sahnehäubchen. Und es stimmt: "Man ist nur so unsichtbar, wie man sich fühlt." Eine sehr besondere Geschichte!


FISCHER KJB 2017 - Hardcover, 208 Seiten - 12,99 € [D] - Mit Zeichnungen von Michelle Cuevas - Übersetzt von Uwe-Michael Gutzschhahn - ab 8 Jahren