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Dienstag, 6. September 2016

[Kinderbuch] "George" von Alex Gino

George ist zehn Jahre alt, geht in die vierte Klasse, liebt die Farbe Rosa und liest heimlich Mädchenzeitschriften, die sie vor ihrer Mutter und ihrem großen Bruder versteckt. Jeder denkt, dass George ein Junge ist. Fast verzweifelt sie daran. Denn sie ist ein Mädchen! Bisher hat sie sich noch nicht getraut, mit jemandem darüber zu sprechen. Noch nicht einmal ihre beste Freundin Kelly weiß davon. Aber dann wird in der Schule ein Theaterstück aufgeführt. Und George will die weibliche Hauptrolle spielen, um allen zu zeigen, wer sie ist. Als George und Kelly zusammen für die Aufführung proben, erzählt George Kelly ihr größtes Geheimnis. Kelly macht George Mut, zu sich selbst zu stehen. (Text-, Cover- und Zitatrechte: FISCHER KJB)


"George" ist der erste Kinderroman zum Thema Transgender. Dabei geht es Alex Gino nicht darum zu polarisieren, vielmehr darum Normalität und Akzeptanz zu vermitteln. Persönliche Erfahrungen und dass Wissen, dass transgender Kinder Bücher brauchen, die sie ermutigen, waren der Grund für "George".

In Georges Leben ist soweit alles normal. Sie lebt mit Mutter und Bruder zusammen, geht in die Schule und hat eine beste Freundin. Dass George, als Junge geboren, heimlich Mädchenzeitschriften liest und sich gerne die Haare wachsen lassen würde, davon ahnt aber niemand etwas. George ist ein Mädchen, und ihr ist durchaus bewusst, was es heißen würde, das öffentlich zu bekennen. Zwar akzeptiert Georges Familie, "dass er eben etwas anders ist", was konkret in ihm vorgeht, wissen sie aber nicht.

"Hey Gi-gi", sagte sie und schloss die Schranktür. Als George noch klein war und ihren Namen nicht richtig aussprechen konnte, nannte sie sich selbst Gi-gi. Ihre Mom benutzte den Ausdruck immer noch, obwohl Scott meinte, das sei ein Mädchenname. George stimmte ihm insgeheim zu. - S. 52/53

Die Geschichte ist in einem ganz einfachen, (meist) personalen, Stil geschrieben. Die Erzählung scheint mitten aus Georges Herz zu kommen, sie teilt ihre Gefühle dem Leser direkt mit. Das spüren junge Leser. Selbst ich, als erwachsene Leserin, fühlte mich George sofort verbunden. Obwohl sie, schon als 10-Jährige, weiß, dass sie ein Mädchen ist, hat sich doch Hemmungen, öffentlich dazu zu stehen. Hänseleien und Mobbing muss George auch so schon oft erfahren, die Angst, was eine komplette Offenbarung mit sich bringen würde, treibt sie tagtäglich um. Gerade, weil das so unmittelbar bei Leser ankommt, hat mich Georges Geschichte sehr berührt. Kein Kind sollte in dieser Situation feststecken oder gar Angst vor der Reaktion einer Gesellschaft haben. Hier ist dringend ein Umdenken erforderlich. Transgender Kinder brauchen Akzeptanz und Ermutigung zu sich selbst zu stehen. Das zu vermitteln, gelingt "George" auf sehr natürliche und authentische Weise.

Alex Gino hat keinen Kinderroman geschrieben, bei dem am Ende alles Friede-Freude-Eierkuchen ist. George macht in seiner Geschichte einige negative Erfahrungen, doch sie hat Menschen um sich herum, die sie akzeptieren wie sie ist (oder bereit sind, dies zu lernen). Die verschiedenen Reaktionen sind sehr echt dargestellt. Das Buch endet leicht offen, ein Abschlussergebnis wir dem Leser nicht präsentiert - für George jedoch ein guter erster Schritt zum Neuanfang und zu einem Leben, in dem sie komplett zu sich selbst stehen kann.

Damaris hat ...
"George" innerhalb eines Tages verschlungen. Die Geschichte eines 10-jährigen Mädchens, das in einem Jungenkörper feststeckt, hat mich berührt und überwältigt. Georges Gefühle, ihre Träume und Wünsche sind ganz normal, für viele Personen aber leider immer noch fremd. Dazu zu stehen erfordert Mut. Alex Gino weckt mit "George" Empathie und zeigt auf, dass jeder, gerade auch Kinder, dazu stehen dürfen, wer sie sind.


FISCHER KJB 2016 - Hardcover mit Schutzumschlag, 208 Seiten - 14,99 € [D] - übersetzt aus dem Amerikanischen von Alexandra Ernst - ab 10 Jahren